Schottland für Anfänger

(Scotland for Beginners)

Am Anfang der Planung stand erst mal die Frage im Raum: Wie viel Tage soll die Tour eigentlich dauern? Motorräder, zumindest Zephyren, haben nur begrenzte Gepäckmöglichkeiten, schließlich soll das Fahren trotz Ballast noch Spaß machen. Wir entschieden uns für einen 6-Tagestripp. Für die Fähre gab es Sonderkonditionen und es war letztendlich auch ein Zugeständnis an Knochen und Sitzmuskel.

Microsofts Autoroute (der beste Motorrad-Routenplaner) musste dann bei der Streckenwahl helfen. Autobahnen waren nur dort angesagt, wo keine Alternativen möglich sind oder wo wir schnell aus dem Großstadtgewühl heraus wollten. Unzählige Varianten entstanden auf diese Weise. Die Etappen sollten schließlich von der Länge passen, Gegend und Kurven mussten stimmen und die Ziele sollten auch attraktiv sein. Aber eine Woche vor Abfahrt stand schließlich die Strecke.

Die Tour

 Buchungsbestätigung


Da wir keine Lust hatten, schon am frühen Nachmittag auf Quartiersuche zu gehen, haben wir die Bed & Breakfast-Unterkünfte schon von zu Hause aus gebucht.
Da gab’s dann schon mal die ersten Erlebnisse, denn Schulenglisch ist eben Schulenglisch und reicht vielleicht für Kommunikation rund um Oxford. Die Reservierung ist nämlich nur telefonisch möglich und entweder nuscheln Schotten, oder sprechen wie wir Englisch auf Deutsch lesen würden und rollen dabei noch das „R“, oder sie machen beides. Die Telekom hat sich gefreut. Aber es hat funktioniert, vorbildlich auf schottischer Seite mit Bestätigungs-Emails, Anfahrtsbeschreibungen, und Fotos der Häuser usw.

Das schottische Frühstück lässt sich einfach erklären: Toast ist dreieckig und Marmalade gelb. Und richtige Marmelade heißt Jam. Außerdem gibt’s noch Gekochtes: Rührei mit Speck oder Thunfisch und allerlei andere Sachen, die wir uns nicht antun wollten. Die Düfte am frühen Morgen aus der Küche raubten uns den Willen, mehr zu ordern. Und Kaffeekochen wurde auch nicht in Großbritannien erfunden. Aber der unermüdliche Tatendrang, einem das Frühstück so angenehm wie nur irgendwie möglich zu machen war vorbildlich.
Abends ging's dann weiter mit dem Diner,  z.B. in Form von Nudeln mit Pommes und zur Verfeinerung Kartoffelsalat, Tintenfischringe zum Steak, die sich allerdings als panierte Zwiebelringe heraus stellten. Richtig lecker war's dann im Hard Rock Café in Edinburgh, wo zu guter Mucke und leckerem Bier ein richtig gutes Essen serviert wurde.
  

Essen ist aber nicht Alles. Schottland und Whisky sind untrennbar miteinander verbunden.
In einer der bekanntesten Destillen der Highlands, der Glenfiddich Distillery in Dufftown, wurden wir in die Geheimnisse der Herstellung eines Single Malts eingeweiht. Der mit einem Kilt bekleidete Highlander gab sich sehr viel Mühe, so dass wir seinen Erklärungen in englischer Sprache gut folgen konnten.
Es ist erstaunlich, welche Geduld diese Erzeuger haben. Erst nach mindestens 12 Jahren Lagerzeit ist man hier bereit, das genussvolle Produkt zu veräußern.

It's Teatime. Schottland ist auch das Land der Teetrinker. In allen B & B - Herbergen obligatorisch:
Wasserkocher, Teebeutel, Tassen und alles erforderliche Zubehör.
Auch ansonsten hatten wir immer Glück mit den Zimmern und Vermietern. Wo es möglich war, bekamen auch die Motorräder ihren Unterschlupf für die Nacht und haben sich sogar mal mit einer GS Made in Germany eines Vermieters ganz gut verstanden.

Linksverkehr ist Gesetz in Großbritannien. Aber Hand aufs Herz, irgendwie kennt man das doch auch von Deutschlands Autobahnen: links fahren und rechts überholen. Die Umstellung war also nicht so schlimm wie gedacht, und nach kurzer Zeit vermutet man sogar den Gasgriff auf der linken Seite. Geschwindigkeitsbegrenzungen scheint es zu geben, denn wenn nicht gerade eine Radaranlage einen ausgebremst, wird gnadenlos gebrettert. Die Ortschaften sind alle 30er-Zonen mit entsprechender Beschilderung. Und es hat eine ganze Weile gedauert, bis die Erleuchtung kam, dass es sich ja um Meilen handelt und das Limit auf unseren Tachos 48 km/h bedeutete. Die Straßen sind in recht gutem Zustand. Flickwerk wie hier haben wir kaum gefunden. An den recht zahlreichen Baustellen wurde nicht gekleckert, sondern auf voller Fahrbahnbreite und auch über mehr als nur 10 Yards repariert. Auf unserer Straßenkarte gab es dicke rote Straßen, rote Straßen und gelbe. Richtig Spaß machten die gelben. Das sind dann teilweise (einspurige) Single Track Roads, die in den dünn besiedelten Gegenden als echte Durchgangsstraßen gebraucht werden. Straßen, die wegen ihrer Breite in Deutschland von der Landkarte genommen und durch rot-weiß lackierte Pfosten für die Benutzung gesperrt würden. Sie sind in einem super Zustand, mit unendlich vielen Links-Rechts-Kurven. Und wo’s gefährlich werden könnte, steht das obligatorische Schild ‚REDUCE SPEED NOW’.

15 - 20 km, ohne das ein Haus vorbei kommt, war manchmal richtig unheimlich. Hinter der nächsten Bergkuppe muss doch endlich mal was kommen, aber nix war. Nur von Zeit zu Zeit ein Schafsgatter, damit die Straßenmitbenutzer nicht abhauen können. Da war es dann auch manchmal nötig, mit Hilfe eines kurzen Gasstoßes und dem Duett aus Laser und Devil die Schafe zu überreden, an den Straßenrand zu hechten. Trotzdem war noch Vorsicht angesagt. Manchmal wollte noch Kind Schaf zu Mami Schaf auf die andere Seite. Weiter ging es über herrliche, stetig ansteigende Straßen, die auf Hochplateaus in ca. 2500 ft. Höhe führten. Darauf folgten dann die Abfahrten, bei denen man nicht wusste, ob man mehr die Straße oder die grandiose Aussicht genießen sollte. Manche Strecken wären wir am liebsten ein paar mal hin und her gefahren.
Und dann gibt’s noch die unzähligen Roundabouts, in Deutschland nennt man’s Kreisverkehr, so viele, dass man nicht weiß, ob man noch in einem oder schon im nächsten drin ist. Und immer im Uhrzeigersinn und immer nach rechts gucken, wenn man rein will.
  

Loch Ness

Die Fähre: Prince of Scandinavia

Wie kommt man hin nach Schottland (und wieder zurück)?

Ganz einfach, mit einem Schiff. Die Fähre startet abends in Ijmuiden bei Amsterdam und ist am nächsten Morgen in Newcastle. Die Motorräder werden sicher auf dem Autodeck vertäut. Ein 2-Bett-Liegeabteil reicht für die Nacht aus, 2 Liegen unten, 2 Liegen oben für’s Gepäck, dazwischen ein halber Meter Gang. All zu lang ist der Aufenthalt in der Kabine sowieso nicht. Für jede Menge Show und Unterhaltung ist an Bord gesorgt: eine Bar samt Pianospieler, eine Abend-Show im großen Saal mit Livebands und Show-Ballett, Disco, Restaurant, Kinos, Shops, Spielhölle und Casino, für jeden Geschmack ist etwas dabei.

Es war nur ein (viel zu) kurzer Ausflug in einem herrlichen Land. Rund 1200 km von Newcastle über Galashiels, Glasgow, Sterling, Lochearnhead, Aberfeldy, Dalwhinnie, Aviemore, Tomatin, Loch Ness, Inverness, Elgin, Dufftown, Tomintoul, Breamar, Perth, Edinburgh, Coldstream und wieder zurück nach Newcastle. Schottland hat noch viel, viel mehr zu bieten. Es wird mit Sicherheit ein nächstes Mal geben und dann wird es mit den gemachten Erfahrungen noch attraktiver.

 
© Dieter Kramer 2003   [03.03.2009]